Sozialberatung Essen e.V.
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Sanktionen für über 25-Jährige im SGB II (Hartz IV)

 

 

1) Beim Grund für Sanktionen wird unterschieden zwischen

     a) Pflichtverletzungen nach § 31 SGB II,

     b) Meldeversäumnissen nach § 32 SGB II.

2) Beginn und Dauer der Sanktion

3) Lebensmittelgutschein

4) Hinzu kommt die Versagung oder Entziehung der Leistung bei Nichterfüllung der Mitwirkungspflichten nach §§ 60, 66 Abs. 1 SGB I.

 

 

1a) Pflichtverletzungen nach § 31 SGB II

 

 

Eine Pflichtverletzung liegt vor, wenn erwerbsfähige Leistungsberechtigte trotz schriftlicher Belehrung* über die Rechtsfolgen oder deren Kenntnis,

  1. sich weigern, in der Eingliederungsvereinbarung oder in dem diese ersetzenden Verwaltungsakt nach § 15 Abs. 1 Satz 6 festgelegte Pflichten zu erfüllen, insbesondere in ausreichendem Umfang Eigenbemühungen nachzuweisen,
  2. sich weigern, eine zumutbare Arbeit, Ausbildung, Arbeitsgelegenheit nach § 16 d SGB II (so genannter "1-Euro-Job") oder ein nach § 16 e SGB II gefördertes Arbeitsverhältnis aufzunehmen, fortzuführen oder deren Anbahnung durch ihr Verhalten verhindern,
  3. eine zumutbare Maßnahme zur Eingliederung in Arbeit nicht antreten, abbrechen oder Anlass für den Abbruch gegeben haben.

 

Dies gilt nicht, wenn erwerbsfähige Leistungsberechtigte einen wichtigen Grund für ihr Verhalten darlegen und nachweisen. (§ 31 Abs. 1 SGB II)

 

 

*) Die Beweislast für den Zugang der schriftlichen Belehrung liegt beim JobCenter. (§ 37 Abs. 2 SGB X)

 

Eine Pflichtverletzung von erwerbsfähigen Leistungsberechtigten ist nach § 31 Abs. 2 SGB II auch anzunehmen, wenn

  1. sie nach Vollendung des 18. Lebensjahres ihr Einkommen oder Vermögen in der Absicht vermindert haben, die Voraussetzungen für die Gewährung oder Erhöhung des Arbeitslosengeldes II herbeizuführen,
  2. sie trotz Belehrung über die Rechtsfolgen oder deren Kenntnis ihr unwirtschaftliches Verhalten fortsetzen,
  3. ihr Anspruch auf Arbeitslosengeld ruht oder erloschen ist, weil die Agentur für Arbeit das Eintreten einer Sperrzeit** oder das Erlöschen des Anspruchs nach den Vorschriften des Dritten Buches festgestellt hat, oder
  4. sie die im Dritten Buch genannten Voraussetzungen für das Eintreten einer Sperrzeit erfüllen, die das Ruhen oder Erlöschen eines Anspruchs auf Arbeitslosengeld begründen.

 

**) Eine Sperrzeit tritt im SGB III ein, wenn sich ArbeitnehmerInnen versicherungswidrig verhalten. Das trifft z.B. dann zu, wenn die bisherige Arbeit ohne wichtigen Grund aufgegeben wird.

 

Eine Sperrzeit wegen verspäteter Arbeitslosmeldung stellt keine Pflichtverletzung nach SGB II dar.

Auch eine Sperrzeit wegen Meldeversäumnissen stellt keine Pflichtverletzung nach § 31 Abs. 2 SGB II dar. Hier handelt es sich um Meldeversäumnisse nach § 32 SGB II.

 

 

Folgen bei Pflichtverletzungen

(geregelt in § 31 a Abs. 1 SGB II)

 

Bei der ersten Pflichtverletzung wird die maßgebende Regelleistung um 30 % gekürzt.

Bei der zweiten Pflichtverletzung wird die maßgebende Regelleistung um 60 % gekürzt.

Ab der dritten Pflichtverletzung entfällt das Arbeitslosengeld II vollständig.

Das heißt, es gibt kein Geld, keine Miete***) und es werden auch keine Beiträge zur Krankenversicherung gezahlt. Hier laufen unbemerkt Beitragsschulden auf.

 

Bei Minderungen ab 60 % sollen Leistungen für Unterkunft und Heizung vom JobCenter direkt an den Vermieter gezahlt werden.

 

Eine wiederholte Pflichtverletzung liegt nur vor, wenn bereits zuvor eine Minderung festgestellt wurde. Sie liegt nicht vor, wenn der Beginn des vorangegangenen Minderungszeitraum länger als ein Jahr zurückliegt.

 

Erklären sich die Betroffenen bei vollständigem Wegfall des Arbeitslosengeld II nachträglich bereit, ihren Pflichten nachzukommen, kann das JobCenter die Minderung auf 60 % des maßgebenden Regelbedarfs begrenzen.

 

***) Beim sanktionsbedingtem Wegfall des KdU-Anteils einer Person der BG sind die dadurch erhöhten Individualansprüche der verbleibenden Personen der BG zu übernehmen. (vgl. BSG Urteil vom 23.05.2013 - B 4 AS 67/12 R)

 

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1b) Meldeversäumnisse nach § 32 SGB II

 

Kommen Leistungsberechtigte trotz schriftlicher Belehrung über die Rechtsfolgen oder deren Kenntnis einer Aufforderung des zuständigen Trägers, sich bei ihm zu melden oder bei einem ärztlichen oder psychologischen Untersuchungstermin zu erscheinen, nicht nach, mindert sich das Arbeitslosengeld II oder das Sozialgeld jeweils um 10 Prozent des für sie nach § 20 maßgebenden Regelbedarfs. Dies gilt nicht, wenn Leistungsberechtigte einen wichtigen Grund für ihr Verhalten darlegen und nachweisen. (§ 32 Abs. 1 SGB II)

 

Minderungen aus Pflichtverletzungen und Meldeversäumnissen werden addiert.

 

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2) Beginn und Dauer der Sanktion

(geregelt in § 31 b SGB II)

 

Bevor eine Sanktion ausgesprochen werden kann, muss nach § 24 SGB X eine Anhörung stattfinden.

Die Pflichtverletzung und die Höhe der Sanktion muss mit Verwaltungsakt (also Bescheid) festgestellt werden. Mit Beginn des Kalendermonats, der auf das Wirksamwerden des Verwaltungsaktes folgt, beginnt die Sanktion.

Der Minderungszeitraum beträgt 3 Monate.

Die Feststellung der Minderung ist nur innerhalb von sechs Monaten ab dem Zeitpunkt der Pflichtverletzung zulässig.

 

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3) Lebensmittelgutscheine bei Sanktionen

(geregelt in § 31 a Abs. 3 SGB II)

 

Bei einer Minderung von über 30 % kann das JobCenter Lebensmittelgutscheine ausgeben, wenn diese beantragt werden.

 

Sind Kinder im Haushalt, so muss das JobCenter Lebensmittelgutscheine gewähren.

Und zwar auch ohne Antrag. (Vgl. LSG NRW vom 07.09.2012 - L 19 AS 1334/12 B )

 

Wichtig bei den Lebensmittelgutscheinen ist die Tatsache, dass die Krankenkassenpflichtversicherung ausgelöst wird.

Soll bedeuten: Das JobCenter bezahlt für Sie die Beiträge zur Krankenversicherung.

 

(Hier zum Antrag)

 

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4) Mitwirkungspflichten und Folgen bei Nichterfüllung

(geregelt in §§ 60 bis 64 und 66 SGB I)

 

Die in § 66 SGB I aufgeführten Folgen fehlender Mitwirkung stellen im eigentlichen Sinn keine Sanktion dar. Da diese Folgen aber erhebliche finanzielle Einschnitte bedeuten, sind die Erläuterungen hierzu an dieser Stelle genau richtig.

 

4a) Mitwirkungspflichten

(geregelt in §§ 60 bis 64 SGB I)

 

§ 60 SGB I regelt, welche Angaben zu machen sind:

  1. es sind alle Tatsachen anzugeben, die für die Leistung erheblich sind, und der Erteilung erforderlicher Auskünfte Dritter ist zuzustimmen, sofern dies der Leistungsträger verlangt.
  2. unverzüglich mitzuteilen sind Änderungen in den Verhältnissen, die für die Leistung erheblich sind oder über die Erklärungen abgegeben worden sind.
  3. Beweismittel sind zu bezeichnen und auf Verlangen des Leistungsträgers Beweisurkunden vorzulegen oder ihrer Vorlage zuzustimmen.

 

§ 61 SGB I regelt, dass Antragsteller oder Leistungsberechtigte zur mündlichen Erörterung des Antrags persönlich erscheinen müssen.

 

§ 62 SGB I regelt, dass sich Antragsteller oder Leistungsberechtigte ärztlichen und psychologischen Untersuchungen unterziehen müssen, soweit diese für die Entscheidung über die Leistung erforderlich sind.

 

§ 63 SGB I gibt dem JobCenter, für den Fall, dass wegen Krankheit oder Behinderung Sozialleistungen beantragt werden, das Recht, vom Antragsteller oder Leistungsberechtigten zu verlangen, sich einer Heilbehandlung zu unterziehen, wenn zu erwarten ist, dass sie eine Besserung des Gesundheitszustands herbeiführen oder eine Verschlechterung verhindern wird.

 

§ 64 SGB I : "Wer wegen Minderung der Erwerbsfähigkeit, anerkannten Schädigungsfolgen oder wegen Arbeitslosigkeit Sozialleistungen beantragt oder erhält, soll auf Verlangen des zuständigen Leistungsträgers an Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben teilnehmen, wenn bei angemessener Berücksichtigung seiner beruflichen Neigung und seiner Leistungsfähigkeit zu erwarten ist, dass sie seine Erwerbs- oder Vermittlungsfähigkeit auf Dauer fördern oder erhalten werden."

 

4b) Folgen fehlender Mitwirkung

(geregelt in § 66 SGB I)

 

Kommen Antragsteller oder Leistungsberechtigte ihren Mitwirkungspflichten nicht nach und wird hierdurch die Aufklärung des Sachverhalts erheblich erschwert, kann das JobCenter ohne weitere Ermittlungen die Leistungen bis zur Nachholung der Mitwirkung ganz oder teilweise versagen oder entziehen, soweit die Voraussetzungen der Leistung nicht nachgewiesen sind.

 

Sozialleistungen dürfen wegen fehlender Mitwirkung nur versagt oder entzogen werden, nachdem der Leistungsberechtigte auf diese Folge schriftlich hingewiesen worden ist und seiner Mitwirkungspflicht nicht innerhalb einer ihm gesetzten angemessenen Frist nachgekommen ist.

 

§ 67 SGB I eröffnet dem JobCenter die Möglichkeit, Sozialleistungen nachträglich ganz oder teilweise zu erbringen, wenn die Mitwirkung nachgeholt wurde und die Voraussetzungen der Leistung vorliegen.

 

Lebensmittelgutscheine werden bei Versagung oder Entziehung nach § 66 SGB I grundsätzlich nicht erbracht.

 

Denkbar wäre ein Vorschuss nach § 42 SGB I.

Allerdings nur, wenn ein Anspruch auf Geldleistungen dem Grunde nach besteht. Also wenn die fehlende Mitwirkung nicht den grundsätzlichen Leistungsanspruch ungeklärt lässt, sondern nur dessen Höhe.

Das JobCenter kann von Amtswegen einen Vorschuss gewähren, muss es jedoch, wenn dies beantragt wird. (Hier zum Antrag)

 

Sinnvoll wäre dieses Vorgehen nur, wenn die Nachholung der Mitwirkung voraussichtlich länger dauern wird.

 

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